Marmor und Verona bilden seit Jahrhunderten bzw. seit Jahrtausenden ein Paar. Man spricht deshalb von Marmor, da die Marmorsteinmetze allgemein jeden Kalkstein, der poliert werden kann, als “Marmor” einstufen.
Die Geologen sind in der petrografischen Einordnung jedoch präziser und bezeichnen Kalksteine nur dann als Marmor, wenn dieser durch eine physikalisch-chemische Umwandlung, also durch Metamorphose, entstanden ist, d.h. durch starke Erhitzung oder hohen Druck, wie der Bianco Carrara. Der Rote Ammonit entstand nicht durch Umwandlung, er ist im Grunde genommen also gar kein Marmor, sondern …
Wenn man von Marmor und Verona spricht, meint man hauptsächlich den Rosso Verona (roter Veroneser Marmor), der viele Denkmäler von der Antike bis heute charakterisiert.
Nachdem in den Lessinischen Alpen und am Monte Baldo Reste gefunden worden sind, kann man davon ausgehen, dass Steinzeitmenschen bereits vor ca. fünftausend Jahren in dieser Gegend kleine Statuen aus Stein meißelten, wahrscheinlich für Grabausstattungen. Die traditionelle Bearbeitung des Steines wurde von weither bis in unsere heutige Zeit überliefert, das bezeugen sowohl die Arena von Verona, als auch die zahlreichen wunderschönen Kirchen und Denkmäler der Stadt.
Mittlerweile kann man nicht mehr nur von einem bestimmten Stein sprechen, denn in Verona werden schon seit langem Marmor, Granit und Natursteine aus aller Welt verarbeitet.
Mit der Zeit hat sich die Fähigkeit des Steinzeitmenschen, mit einfachen Werkzeugen menschenähnliche Figuren zu meißeln, hochtechnologisch verbessert und spezialisiert.
Ein roter Faden zieht sich durch die gesamte geologische Entstehung dieser Berge und seinen Jahrtausend alten Traditionen bis hin zu den jüngsten Innovationen; ein Faden, der so rot ist wie der Veroneser Stein.
Ob es nun um den berühmten Rosso Verona oder um den Naturstein aus Lessinia geht, immer überwiegt die Farbe, die von Hellrosa bis Rot reicht, auch wenn der Farbton mit der Zeit etwas verblasst. Die Steinmetzbranche ist immer noch ein sehr wichtiger Bestandteil der Veroneser Wirtschaft und hat sich vor allem in den drei Gebieten gefestigt, in der Naturstein abgebaut wird: in Caprino-Valpolicella, in der Gegend von Prun und in Lessinia sowie in der Gegend von Valpantena, wobei alle Gebiete eine sehr ähnliche geologische Entstehungsgeschichte haben.
Die Entstehungsgeschichte von Rosso Verona
Vor über 130 Millionen Jahren (ein Jahr mehr oder weniger spielt ja wohl kaum eine Rolle) befand sich dort ein riesiges Meer mit tiefem Meeresgrund auf dessen Schlammboden sich Ammoniten, Muscheln und andere Tiere ablagerten und verwesten, während die Kraft der Wellen immer wieder kleinere und größere Kalziumkarbonat Knöllchen ablagerten und anhäuften.
In verkrusteten Algen lagerten sich weitere Sedimente ein und neue Knollen formten sich. Eisen und Mangan sorgten für die rote Verfärbung, aber auch der Ton, der sich zwischen den einzelnen Schichten ablagerte, war rot. Die Bewegungen der Erdkruste und die ungeheuren geologischen Phänomene haben den Meeresgrund verhärtet und nach oben gedrückt, so dass in ca. 25 Millionen Jahren ein richtiges Gebirge entstanden ist.
Die Marmorsteinbrüche im Gebiet von Verona
Wir möchte Sie an dieser Stelle nicht mit unnötigen technischen Einzelheiten langweilen, aber es ist gut zu wissen, dass sich die Steinbrüche auf 300 bis 1000 Meter Höhe befinden. Am höchsten liegt der Naturstein in Lessinia (geologisch gesehen also der jüngste Naturstein), der nicht in Blöcken sondern in unterschiedlich starken Felsplatten abgebaut wird. Der Naturstein aus Lessinia wird auch Prun genannt, da einer der ersten Steinbrüche so hieß. Heutzutage befinden sich der ergiebigsten Steinbrüche auf dem Loffa Berg, wo die handwerkliche Verarbeitung noch im Einklang mit der Gegend ist. Die Firmen in Lessinia arbeiten ausschließlich mit dem Naturstein, der vor Ort abgebaut wird. Man verwendet ihn im Bauwesen und verlegt ihn, abhängig von seinen Schichten, entweder als Bodenplatte oder als Dachplatte. Die Gegend von Caprino-Valpolicella ist historisch gesehen sehr bekannt, denn Steinbrüche und Werkstätten gibt es dort schon seit über zweitausend Jahren.
Kunst und Stein
Die Geschichte des Abbaus von wertvollem Marmor in unserer Region hat sich im Lauf von etwa 2000 Jahren entwickelt und fing im Zeitalter der Römer an, was zahlreiche Denkmäler und die Arena in Verona bezeugen.
Den Marmor aus Sant'Ambrogio verwendeten später auch bekannte Bildhauer wie: Maestro Nicolò, Benedetto Antelami in Parma und andere Steinbildhauer aus der Romanik. Jacopo della Quercia benutzte diesen Naturstein in der Basilika San Petronio in Bologna. Die Veroneser Region wurde so zu einer berühmten Steinmetzgegend, die den Einwohnern einen sicheren Arbeitsplatz als Steinhauer, Steinmetz oder Bildhauer garantierte. Überdies konnten die Natursteine bequem auf dem Fluss Etsch in die umliegenden Städte und Regionen transportiert werden.
Marmor und Naturstein auf dem Veroneser Markt
Um 1800 wird die Steinmetzbranche zum wichtigen Bestandteil der Veroneser Wirtschaft. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde in der Veroneser Region wesentlich weniger Naturstein abgebaut, stattdessen spezialisierte man sich in der Verarbeitung von Marmor. Kompetenz und Technologie machten vor allem Valpantena und Valpolicella zum Zentrum der Steinbearbeitung und mittlerweile ist man dort in der Lage, Natursteine, Marmor und Granit aus aller Welt zu schneiden, zu polieren und zu bearbeiten.
Der verarbeitete Naturstein wird anschließend exportiert und ziert Bauten und Hochhäuser überall auf der Welt.
Es ist kein Zufall, dass 25-30 % des nationalen Exports von verarbeiteten und halbverarbeiteten Natursteinen aus der Veroneser Region stammt. Dieser Erfolg ist auch der Verdienst einer kleinen Messe, die 1965 zum ersten Mal in Sant’Ambrogio di Valpolicella stattfand und die in wenigen Jahren zu einer der größten Messen auf der Welt wurde. Gemeint ist hier die Marmomacc, die jedes Jahr Ende September auf dem Messegelände in Verona stattfindet.
Geschick und Erfahrung in der Steinverarbeitung und die Fähigkeit, mit den neuesten Tendenzen Schritt zu halten, all das spiegelt sich auch im neuen Bürogebäude wider: eine vorgehängte hinterlüftete Fassade aus Granitplatten verkleidet das gesamte Bürogebäude und auch bei der Einrichtung dominiert der Naturstein.