"PIETRE COLORATE MOLTO VAGHE E BELLE"
Wer jetzt nach Mantua fährt, kann sich im Palazzo della Ragione, der mitten in der Altstadt zwischen Piazza delle Erbe und der Kirche Basilica di Sant’Andrea liegt, die attraktive Ausstellung von Chagall ansehen.
Wer jedoch wie wir Marmor und Natursteine liebt, hätte noch einen weiteren Grund, diese wunderschöne, von Seen umgebene Stadt am Fluss Mincio zu besichtigen: im Palazzo Ducale wurde Mitte Oktober eine Ausstellung eröffnet, die noch bis zum 31. März 2019 zu sehen ist, Titel der Kunstaustellung: “Pietre colorate molto vaghe e belle” (Sehr anmutige und schöne farbige Natursteine).
Der Untertitel der Ausstellung lautet: “Zeitlose Kunst aus dem Museum der Werkstatt der harten Natursteine” und zeigt eine wertvolle Sammlung von Kunstwerken aus harten Steinsorten, die aus der Werkstatt der harten Natursteine aus Florenz stammen. Um diese Werkstatt beneidet uns die ganze Welt, sie basiert auf der antiken Florentiner Handwerks- und Kunstmanufaktur und sie wurde 1588 in der großherzoglichen Epoche gegründet, um Arbeitskräfte in der berühmten Florentiner Mosaik-Kunst zu unterrichten, die auf Italienisch "commesso fiorentino" heißt.
Anders als beim normalen Mosaik verwendet diese Technik keine geometrischen Mosaikfliesen. Man meißelt große Stücke aus Marmor, Porphyr, Jaspis, Achat und Lapislazuli, die je nach Farbe, Mattheit, Glanz und Venenschattierung mit viel Geduld zu einem regelrechten ‚Steinbild‘ zusammengesetzt werden… Auf diese Art und Weise wurden zahlreiche Kunstwerke wie Möbel und Gegenstände von unschätzbarem Wert geschaffen. Damals entstanden sogar perfekte Gemäldekopien, die nun in Museen auf der ganzen Welt hängen und die Genialität und die Einzigartigkeit der Florentiner Kunsttechnik zeigen.
Lassen Sie sich diese Gelegenheit nicht entgehen, zumal ein Ausstellungsraum den antiken Bearbeitungstechniken und alten Werkzeugen gewidmet ist. Es ist unglaublich, dass mit ein paar primitiven Werkzeugen eine derartige Kunstfertigkeit erreicht wurde, denen Fotos nicht gerecht werden können.
Deshalb empfehlen wir Ihnen, nach Mantua zu fahren und in den Palazzo Ducale zu gehen. Dort sehen Sie sich zuerst die wunderbaren Fresken von Mantegna im Hochzeitszimmer an, dann betreten Sie die Ausstellung. Hier können Sie das Gemälde ‘l'Allegoria della Terra’ (1750) von Giuseppe Zocchi bewundern sowie dessen Kopie aus Natursteinen, die von der großherzogliche Manufaktur von 1752 auf Kommission von Kaiser Franz Stefan von Lothringen ausgeführt wurde und normalerweise in der Hofburg in Wien aufbewahrt ist. Ebenfalls ausgestellt ist das Bild der Florentiner Mosaikwerkstatt in moderner Umsetzung, bei der die praktische Seite der künstlerischen Schöpfung und die verborgenen Geheimnisse der antiken Kunsttechnik im Vordergrund stehen.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts und vor allem nach der katastrophalen großen Flut von 1966 wurde die Florentiner Werkstatt stufenweise zur Ausbildungsanstalt umgeformt und hat sich auf die Restaurierung von Kunstwerken spezialisiert. Mittlerweile ist sie Hochschule und Ausbildungsort für zukünftige Restauratoren von Kulturgut. Bei den ausgestellten Kunstwerken handelt es sich um wahre Meisterwerke aus Naturstein. Blumen und Tiere wurden mit großer Kunstfertigkeit so gefertigt, dass sie wie Zeichnungen aussehen, man kann wirklich kaum glauben, dass sie aus Stein sind. Marmortische mit Intarsien stellen Musikinstrumente, Meerestiere und Muscheln dar, diese Gegenstände erscheinen dreidimensional. Sie werden in Versuchung geraten, an den echt aussehenden Blumendekorationen zu schnuppern und sind sicher von den bereits erwähnten Gemäldekopien begeistert.